Achtsam durch den Tag [Woche 45]

Auch mit dieser Achtsamkeitsübung habe ich mich einige Wochen beschäftigt. Scheinbar geht es – zumindest bei mir – derzeit ans Eingemachte. Die Übungen fordern mich deutlich mehr heraus und gehen sehr in die Tiefe.

#45 Angst

Bei der fünfundvierzigsten Übung geht es darum, sich seiner Angst bewusst zu werden und die körperlichen Empfindungen, alle Gefühle und Gedanken, die mit der Angst verbunden sind, zu bemerken.

Als ich die Aufgabe das erste Mal gelesen habe, bekam ich gleich ganz schreckliche Angst davor. So richtig mit Herzklopfen und schwitzigen Händen. Sehr spannend habe ich mir gedacht, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet!

Ich habe das Buch erst einmal auf die Seite gelegt und die Sache ein paar Tage ignoriert, bevor ich mit der Übung tatsächloich begonnen habe.

Als ich mich dann endlich darauf eingelassen habe, ist mir recht schnell klar geworden, dass ich eigentlich vor völlig lächerlichen Dingen Angst habe.

Es ist zum Beispiel die Angst zu spät zu kommen, deshalb bin ich meist viel zu früh da. Oder die Angst, etwas falsch zu machen. Daher überlege ich meist sehr gut, wie ich mich entscheide und wäge alles sehr gut ab. Meine Blogbeiträge lese ich mehrfach Korrektur, bevor ich sie veröffentliche. Ich habe Angst, Fehler zu machen bzw. zu übersehen.

Wenn man so will, kann man einen Großteil meiner Ängste als Versagensängste subsummieren. Das hat mich überrascht, denn ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass es schon – wie soll ich sagen – „gefährlichere“ Ängste sind, die mich plagen. Also so lebens- oder zumindest gesundheitsgefährliche Ängste quasi.

Daher versuchte ich einmal dort genauer hin zu schauen, ob ich denn auch solche Ängste habe. Der Straßenverkehr wäre dazu ein sehr gutes Beispiel. Aber in meiner gewohnten Umgebung fühle ich mich sowohl als Fußgänger als auch als Radfahrerin und sogar als Autofahrerin sicher. Was natürlich in Wirklichkeit trügerisch ist, denn ein Unfall kann überall passieren. Auch vor der Haustüre. Voriges Jahr ist ein Arbeitskollege für mehrere Wochen im Koma gelegen, weil er beim Abbiegen zu seinem Haus einen Unfall hatte.

Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind sehr mutig war und keine Angst vor Verletzungen hatte. Sehr gerne bin ich auf hohe Bäume geklettert, auf die sich die anderen Kinder nicht getraut haben.

Schon seltsam, oder?

Ängste sind dazu da, um uns aufmerksam und wach zu machen, damit wir gefährliche Situationen gut überstehen. Der Herzschlag wird beschleunigt, damit der Körper besser durchblutet wird. Die beschleunigte Atmung versorgt das Gehirn mit viel Sauerstoff, damit wir rascher denken.

Also sind Ängste grundsätzlich ein gutes und wichtiges Werkzeug im Leben.

Davon abzugrenzen sind sogenannte Phobien. Dabei handelt es sich um unangemessen starke Angstreaktionen auf eine (vermeintliche) Gefahrenquelle.

giftige Tigerspinne (auch Wespenspinne genannt)

Ich weiß nicht, ob man in meinem Fall schon von einer Phobie sprechen würde, denn ich habe Angst vor Spinnen. Als ich ein Kind war, bin ich panisch geworden. Inzwischen macht es mir nicht mehr so viel aus, wenn ich sie von der Ferne betrachte. Oder sogar etwas näher hin gehe. Heute ist sogar eine kleine Spinne über meine Hand gelaufen, das hat mir gar nichts ausgemacht.

Im Jahr 2014 habe ich eine Tigerspinne im Nachbargarten entdeckt. Sie ist eigentlich nicht in Österreich heimisch, aber durch die warmen Sommer sind sie vereinzelt eingewandert. Die Spinne ist giftig, aber für den Menschen nicht gefährlich.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich sehr fasziniert war von dieser Spinne und unbedingt ein Foto machen wollte. Was gar nicht so einfach war, denn dafür musste ich recht nah ran gehen. Es ist mir nicht leicht gefallen, meine Angst zu überwinden, aber – wie man am Foto sehen kann – es ist mir gelungen.

Außerdem habe ich Höhenangst. Die macht mir schon deutlich mehr zu schaffen als die Sache mit den Spinnen. Ich kann zum Beispiel mit einem Sessellift bergauf fahren, aber wenn ich bergab fahre, dann bekomme ich solche Panik, dass ich völlig erstarre, mich nicht mehr bewegen kann und die Augen fest zu presse, um nichts mehr zu sehen.

Ich kann mit an den Winter vor 2 Jahren erinnern. Bei einem Schiausflug mit meiner Tochter wurde der Schneefall so schlimm, dass ich nicht mehr genug gesehen habe um selbst ins Tal zu fahren. Also habe ich mich entschlossen, mit dem Sessellift zu fahren. Es war so kalt, dass ich es nicht sofort schaffte, die schwere Schutzhaube über den Sessel zu ziehen. Dann war ich schon beim abwärts fahren und trotz eisiger Kälte und Schneefall konnte ich daran nichts mehr ändern, da ich so erstarrt vor Angst war. Ich kam wie ein Schneemann im Tal an und war total durchgefroren.

Hängebrücke Themenweg „wilde Wasser“ in Schladming

Beim Wandern habe ich auch immer wieder Probleme mit der Höhe. Dabei liebe ich es in Klammen zu gehen! Aber das mache ich trotzdem, denn ich mag mich davon durch die Höhenangst nicht abhalten lassen.

Im Jahr 2011 war ich in Schladming am Themenweg „wilde Wasser“ unterwegs. Neben den vielen Leitern geht es auch mit einer Hängebrücke über eine tiefe Schlucht. Das wusste ich schon bevor ich mich für diese Wanderung entschieden habe. Bis zuletzt war ich unsicher, ob ich es schaffen würde den Weg weiter zu gehen und war darauf gefasst, notfalls umdrehen zu müssen.

Ich war sehr stolz darauf, dass ich es geschafft habe die Schlucht auf der Hängebrücke zu überqueren. Da Hängebrücken schwanken war es besonders kritisch für mich. Daher habe die nachkommenden Leute gebeten, mir die Zeit zu geben, dass ich alleine über die Brücke gehen kann.

Mir ist es wichtig, mich meinen Ängsten zu stellen. Wenn man der Angst ausweicht, wird sie mit der Zeit immer größer. Ich konnte meine Ängste und im Besonderen die Höhenangst und die Angst vor Spinnen bisher nicht gänzlich überwinden. Aber ich lasse mich in meinem Leben dadurch nicht einschränken und habe Wege gefunden, gut damit umzugehen.

Die Angst wird hauptsächlich durch Gedanken aus der Vergangenheit oder Sorgen um die Zukunft verstärkt. Wenn wir die Angst wahrnehmen und sie als solche annehmen, ohne die Last der vergangenen Erfahrungen hinzu zu fügen, dann bekommt sie wieder ihre ursprüngliche Aufgabe als unterstützender Helfer in der Gegenwart.


achtsam durch den Tag [#Jahresprojekt 2017]

achtsam-durch-den-tag-jahresprojekt-2016-2017Diese Gedanken sind Teil von meinem Jahresprojekt.
Nähere Informationen dazu findest Du im Beitrag „Achtsam durch den Tag [Jahresprojekt]“, in welchem auch alle Links der Linkparty gesammelt werden.

Ergänzend dazu sind alle verlinkten Beiträge auf meinem Pinterest-Board „Achtsamkeit“ zu sehen.

Weiters verlinkt zu ANL von Rostrose


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Im Gesamtindex „Beiträge“ findest Du eine Übersicht über alle bisher veröffentlichten Beiträge.

12 Kommentare zu “Achtsam durch den Tag [Woche 45]

  1. Sich seinen Ängsten erstmal bewusst zu werden und sich ihnen dann in kleinen Schritten stellen, ist glaube ich eine sehr gute Herangehensweise!
    Mich würde ja interessieren, warum so viele Menschen – zumindest subjektiv gefühlt – Angst vor Spinnen haben? Bei der Höhenangst kann ich es verstehen, hier gibt es ja tatsächlich eine potentielle Gefahr, aber warum lösen kleine Krabbeltiere so eine Panik aus? Hast du für dich eine Antwort gefunden?

    Die Brücke schaut übrigens beeindruckend aus, werden wir bei einem der nächsten Schladmingbesuche sicherlich überqueren!

    Alles Liebe cao

    • Hallo Cao!

      Dann wünsche ich Dir viel Spaß bei der Wanderung, ist wirklich wunderschön der Themenweg in Schladming!

      Ich denke, dass Spinnen früher für Menschen eine Gefahr waren und daher Angst auslösen. Es gibt Untersuchungen mit Babys, denen Bilder von verschiedenen Tieren gezeigt werden. Spinnen und Schlangen haben Angst ausgelöst, die anderen Tiere (darunter gefährliche Säugetiere wie Tiger und Nashorn) jedoch nicht. Es scheint also von der Entwicklung her eine genetisch verankerte Sache zu sein. Die Säugetiere haben sich später entwickelt.

      Es gibt auch noch wissenschaftliche Theorien mit Krankheitsübertragung und dem Verderben von Nahrungsmitteln durch Käfer und Spinnen.

      lg
      Maria

      • Danke für die Erklärung. Das ist wirklich interessant, dass es dafür auch wissenschaftliche Untersuchungen gibt und erscheint logisch, dass es genetisch verankert ist – wie noch so viele, was heutzutage aber „ünnütz und übertrieben“ erscheint!
        Ich habe oft das Gefühl, dass Eltern schon kleinen Kindern (ihre) Angst weitergeben und das Problem somit ‚hausgemacht‘ ist…

        LG

      • Hallo Cao!

        Ich habe meine eigenen Angst vor Spinnen durch meinen Sohn in den Griff bekommen. Er hat sich ganz schrecklich gefürchtet und dadurch bin ich ganz ruhig geworden, weil ich ihn ja beschützen wollte.

        Daher habe ich ihm gesagt, dass das unsere Hausspinne ist und dass ihr draußen kalt ist und sie daher bei uns ein wenig Zeit verbringen darf. Ich bin mit ihm hin gegangen und habe ihm gezeigt, dass gar nichts passiert.

        Auf einmal ist es mir viel leichter gefallen, einfach weil ich auf „Beschützermodus“ war als Mama.

        Seitdem habe ich selbst auch viel weniger Probleme. Und mein Sohn auch nicht mehr, er hat eine zeitlang im Garten sogar Spinnen „gehalten“ in einem Ziegelsteinhäuschen.

        lg
        Maria

  2. Hallo Maria,

    vielen Dank für die Anregung! Mit Angst sollte ich mich auch mal näher auseinandersetzen, denn wenn ich so darüber nachdenke, fallen mir spontan keine Dinge ein, vor denen ich Angst habe, allerdings Situationen, in denen mich Angst spontan überschattet hat. Aber ein wirkliches Muster kann ich darin noch nicht erkennen.

    Das Thema bedarf noch etwas mehr Zeit!

    Lieber Gruß,
    Philipp

    • Hallo Philipp!

      Dazu wäre diese Achtsamkeitsübung vermutlich sehr gut geeignet, um herauszufinden, wann sie sich zeigt und das dann zu beobachten.

      Viel Erfolg dabei!

      lg
      Maira

      PS: Ich melde mich heute noch bei Dir!

  3. Das ist wieder ein sehr interessanter Beitrag von dir, liebe Maria – danke für die Verlinkung bei ANL! Spinnenphobie habe ich keine, die hat mein Mann, auch wenn er es eher als „Ekel“ bezeichnet (typisch Mann eben, Männer haben doch keine ANGST vor etwas so Kleinem ;-))), aber dafür kenne ich das Problem mit der Höhe sehr gut. Wie du war ich als Kind keineswegs ängstlich, sondern mutiger als die meisten, und wie du lasse ich mich durch meine Phobie nicht unterkriegen, aber sie ist nach wie vor da. Das habe ich erst vorgestern wieder festgestellt, als ich ein Foto meiner Blogfreundin Andi sah, wo ihr Mann in so einem Aussichts-Glaskasten über einem Abgrund „schwebt“: Mir wurde schon beim Betrachten des Fotos schwindelig und ich spürte den Sog der Tiefe… Genau das ist es nämlich, ich fühle mich von dem Abgrund hinuntergezogen. Das fiel mir erstmals bewusst auf, als wir gemeinsam mit einer Freundin in Holland eine Windmühle besichtigten. Meine Freundin hat ausgeprägte Höhenangst, und als ihre kleine Tochter nach draußen auf die Plattform laufen wollte, versuchte sie das zu verhindern, weil sie wegen ihrer Höhenangst nicht bei ihr hätte bleiben können. Meine Tochter wollte auch raus, also sagte ich ganz cool, ich gehe mit den beiden – doch als ich dann auf der Plattform stand und durch die Rillen auf den Erdboden hinuntersah, konnte ich mich von der Windmühlen-Wand nicht mehr lösen und wurde total panisch… Die Kinder schauten mich an, als wäre ich total beklopft ;-)) Auch bei meiner Freundin war die Höhenangst erst während der Mutterschaft aufgetreten oder so heftig geworden, das heißt für uns beide, dass es vermutlich etwas mit Verantwortung zu tun hat. In dieser Phase kam für mich auch eine Flugangst dazu, aber du weißt, wie gerne ich reise, deshalb habe ich auch wie du von Anfang an versucht, mich davon nicht unterkriegen zu lassen – ich fliege weiterhin, ich gehe auf Hängebrücken und Aussichtstürme etc. Seit ich im Jahr 2010 in Indien Tuktuk gefahren bin, habe ich einiges von meinen Ängsten abgelegt, damals habe ich mich so sehr auf die Sache eingelassen und mein Schicksal quasi in die Hände der indischen Götter und des rasanten Tuktukfahrers gelegt, dass es einfach nur ein Genuss war. Flugangst habe ich seither keine mehr, den Sog der Tiefe spüre ich immer noch. Aber die Angst vor den „lächerlichen Dingen“, die Versagensängste, die kenne ich ebenfalls… Leider kennt sie meine Tochter noch stärker als ich, sie leidet unter panischer Prüfungsangst, hat deshalb kurz vor der der Fahrprüfung auf en Führerschein verzichtet, hat – obwohl sie alles wunderbar konnte – bei der Gesellenprüfung die Nerven geschmissen und deshalb keine Auszeichnung, sondern „nur“ ein „Bestanden“ geschafft und steht jetzt knapp davor, ihre berufliche Weiterbildung an den Nagel zu hängen, weil ihr „alles zu viel“ wird (trotz positiver Leistungen). Und du kannst davon ausgehen, dass nicht ich es bin, die sie unter Druck setzt… der kommt also offenbar ganz von innen heraus…
    Herzliche Rostrosen-Adventgrüße und die besten Wünsche für die kommenden Feiertage,
    Traude
    rostrose.blogspot.co.at/2017/12/island-kreuzfahrt-teil-14-zufallstag-in.html

    • Liebe Traude!

      Vielen herzlichen Dank für Dein ausführliches Kommentar und die Schilderung Deiner Ängste.

      Das mit dem „Sog“ in den Abgrund kenne ich auch. Manchmal habe ich das sogar, wenn ich in einem Film einen Abgrund sehe, wenn die Aufnahmen aus der „Augenperspektive“ gemacht wurden.

      Es fällt mir nicht immer leicht, gerade solche Situationen mit den Kindern kenne ich auch. Ich mit meinen Kindern am Riesenrad im Wiener Prater – fahren hat mir nichts ausgemacht, aber ich konnte nicht an den Rand gehe und nicht runter sehen. Meine Kinder waren jedoch beide ganz begeistert davon 🙂

      Leider kenne ich das mit der Prüfungsangst von meinem Sohn, dass er jetzt den Führerschein hat grenzt an ein Wunder, denn er hat die Prüfung immer wieder verschoben. Dabei fuhr er ganz begeistert mit dem Auto und konnte alles schon seit langem…

      Schön, dass auch Du Dich von Deinen Ängsen nicht unter kriegen lässt, sonst würden wir nicht immer so viele schöne Fotos von Deinen Reisen sehen 🙂

      Herzliche Grüße retour und auch Dir schöne Feiertage!

      Maria

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